Martin Michalzik über die Entwicklung ländlicher Räume mit Visionen für Wickede

Mitarbeiter im Umweltministerium referierte vor Wickeder CDU-Mitgliedern

Die Entwicklung der ländlichen Räume in NRW mit besonderer Berücksichtigung Wickedes - das war jetzt Thema von Dr. Martin Michalzik vor den Mitgliedern der CDU. Die neuesten Zahlen und Untersuchungen der Wirkungsstätte Michalziks, dem Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, boten durchaus erschreckende Ergebnisse im Hinblick auf demographischen Wandel und innerörtliche Entwicklungen. Die ländlichen Räume weisen bisweilen recht unterschiedliche Werdegänge auf. Hier steigt, dort wiederum sinkt die Bevölkerung. Beispiel Wickede: Waren 1980 noch von den rund 12 500 Einwohnern 3 600 unter 20 Jahre und 1 700 über 60 Jahre alt, so kippt dieses Verhältnis bis 2030 gänzlich. 
Dann sind 1 700 Einwohner unter 20 und 4 500 über 60 Jahre alt. Michalzik: „Wir müssen erkennen, wie wichtig die Senioren in der Gesellschaft sind“. Der steigende Bedarf für gute medizinische Versorgung, Notfallsysteme und Apotheken ist nur ein Teil der Auswirkungen. Auch eine zeitgemäße Nahversorgung gehört dazu: Zwar hält der Trend der Zentralisierung im Lebensmitteleinzelhandel unvermindert an, habe sich die Länge der täglichen Einkaufsfahrten in den letzten zehn Jahren auf über 400 Millionen Kilometer täglich verdoppelt. Doch gebe es mittlerweile auch Gegentrends. In vielen Gemeinden engagierten sich Bürger, um eine zeitgemäße Nahversorgung für ihre Region aufzubauen oder zu sichern. Als Beispiele für Wickede nannte Michalzik Bringdienste, rollende Backmobile oder den Hofladen in Echthausen.
 
Er verwies auch auf Wiedersprüche der demographischen Entwicklungen: trotz mittelfristig sinkender Einwohnerzahlen findet ein ständiger Flächenverbrauch statt. Jedes Jahr wird die Fläche einer Stadt wie Werl nur in NRW versiegelt Wickede übrigens stellt auch eine Ausnahme beim Trend des Flächenverbrauchs dar. Während NRW-weit trotz sinkender Einwohnerzahlen jährlich eine Fläche mit der Größe der Stadt Werl für Straßen, Fabrikhallen, Wohngebäude etc. versiegelt wird, der Zuwachs an Siedlungsfläche im Land seit dem Jahr 2000 bis zu 15 Prozent betrage, seien es in Wickede lediglich fünf Prozent. Der Grund: Wickede hat nur ein geringes Flächenpotenzial. Ohnehin, so Michalzik zur Innenentwicklung, sei beim Flächenverbrauch maßvoll vorzugehen - z.B. bei der Wohnbebauung. Viele Wohneinheiten für vier bis sechs Personen stehen leer oder werden nur noch von ein bis zwei Personen bewohnt. Es entwickelt sich ein „innerer Leerstand“, der zum „äußeren Leerstand“ wird. Das sei nicht nur ein Problem des Ortsbildes. Der anstehende Wertverfall von Immobilien berühre auch viele Hausbesitzer mit Blick auf Wertgefühl und existenzielle Zukunftspläne.
 
Zudem könnten auch in Wickede und Nachbarorten bald immer mehr ältere Ein- und Zweifamilienhäuser auf den Markt kommen, die schwierig verkaufbar sind, zeige eine aktuelle Studie der Wüstenrot-Stiftung. Vor allem Häuser an steilen Hanglagen oder mit fehlenden Sanierungen könnten Probleme bekommen, habe die konkrete Untersuchung von Arnsberg gezeigt.
 
Abgesehen davon, dass für die Lösung solcher Probleme die interkommunale Zusammenarbeit sehr wichtig sei, forderte Michalzik auch aus Wickeder Sicht auf, die Stärken der Kommune zu erkennen, aufzugreifen und auszubauen. Dazu gehört z.B. der Landtourismus. Michalzik: „Wir nennen uns ,an der Ruhr’ erleben und beziehen den Fluss aber nicht richtig ein. Da steckt noch viel Potenzial“. Ein Vorschlag auch: eine Radwegkirche in Echthausen. „Viele Kirchen haben ihre Pforten tagsüber geöffnet, außerhalb der Gottesdienste - für alle, die Einkehr und Besinnung suchen oder am denkmalgeschützten Gebäude und an Kunst interessiert sind. Zur Radwegekirche wird eine Kirche dann, wenn sie sich an der Route eines Radwanderweges befindet und die Kirchengemeinde damit verbundene Aufgaben übernimmt. Neben Andachtsbuch, Bibel und Abendmahlskelch gibt es dann zum Teil besondere Angebote: Wasser für durstige Kehlen, Magnesiumtabletten für krampfende Waden oder Flickzeug für schlaffe Reifen. Ein geeigneter Ort für die Rast sowie der Zugang zu einer öffentlichen Toilette gehören in der Regel ebenfalls dazu“.

Quelle: Soester Anzeiger